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"Peenenünde" - für einige steht dahinter ein geschichtsträchtiger Ort und für andere sagt er nicht viel aus. Nach 1945 wurde in beiden sich gebildeten deutschen Staaten wenig über Peenemünde gesprochen.
Zu "DDR-Zeiten" war die Nordspitze von Usedom militärisches Sperrgebiet. Am Ortsausgang von Karlshagen war ein Schlagbaum mit Polizeiposten. Selbst als Militäranghöriger brauchte man einen Dienstauftrag oder einen Vermerk im Ausweis (Dienststellenausweis), um das Gebiet zu betreten.
Nach 1990 in DEUTSCHLAND hat sich etwas geändert. Manche Dinge und Betrachtungsweisen  zeigen aber, es scheint sich nichts Grundlegendes daran geändert zu haben.
Die Nordspitze der Insel. d.h. die Inselstraße nach Peenemünde, der Ort Peenemünde mit dem Hafen und dem Kraftwerk, die Peenewiesen, der Flugplatz (hier nur der Bereich um das Gebäude) sind für alle frei zugänglich und als Rundgang (mit Informationstafeln zu den einzelnen Orten) ausgeschildert. Der Prüfstand VII ist nur mit einem geführten Rundgang der Peenemünde HTM GmbH zu besuchen. Einige Bereiche liegen nach wie hinter dem Sperrzaun und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Wer sich mit PEENEMÜNDE beschäftigt und auch die Nordspitze der Insel Usedom besucht stößt unweigerlich auf das „Sowohl/als auch“ dieser geschichtsträchtigen Landschaft. Dem Mythos der technischen Errungenschaften steht das „Wie?“ der Erreichung gegenüber.

Die technischen Dinge wurden in einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte erreicht. Man sollte aber deshalb nicht alles negieren und schlecht reden was erreicht wurde. Es hat sich immer gezeigt, daß die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse/technischer Errungenschaften sehr oft einen militärischen Hintergrund hatten. Das war im Dritten Reich so und auch in der Zeit danach. Einige wenige Beispiele technischer Errungenschaften, die bestimmt jeder nutzt.
Beispiel 1 das Internet - es ging im Jahr 1969 aus einem Projekt des US-Verteidigungsministeriums hervor und wird heute in allen Bereichen genutzt.
Beispiel 2 das GPS - es war ursprünglich zur Positionsbestimmung und Navigation im militärischen Bereich vorgesehen (in Waffen- systemen unterschiedlichster Art, bei Kriegsschiffen, in Flugzeugen). GPS-Geräte empfangen nur Signale und senden nicht, es kann somit navigiert werden, ohne dass dem Feind Informationen über den eigenen Standort preisgegeben werden.
Beispiel 3 Satelliten – (Urform „Spionagesatelliten“ - heute kann sich  jeder freuen über Wetterinformationen, Regenradar, Satelliten-TV, Informationen bei Google Earth/Maps).

Schon beim Bau des Technologiezentrums gab es Dinge, die neu waren. So wurde mit der Fertigungshalle 1 ("F 1") die im deutschen Industriebau größte Fabrikhalle geschaffen. Die überwölbten 96 m galten bis dahin undenkbar. Durch die Gestaltung des Daches (sägezahnartige) und die dadurch mögliche Anordnung der Fenster gab es ein gleichmäßiges Oberlicht. Die Halle war vorgesehen zum Bau/Montage der Raketen (stehende Montage). Möglich war dies, da die Halle keine störenden Säulen hatte und unter der massiven Dachkonstruktion Kranbahnen angebracht werden konnten. 3 Hallen waren im Projekt vorgesehen, nur die F1 wurde fertiggestellt. Die Hallen F2 und F3 wurden nur teilweise errichtet, da dann nach 1943 auch die Bombardierungen von Peenemünde einsetzten.
Um die Ideen in Peenemünde-Ost (Heeresversuchsanstalt) und Peenemünde-West (Flugerprobungsstelle der Luftwaffe) umzusetzen wurden alle Mittel ausgeschöpft, um die Ziele zu erreichen. Am Kriegsbeginn wurden noch technisch versierte Soldaten (mehr als 4000 Mann) in der HVA eingesetzt. Untergebracht waren diese mit im Versuchskommando Nord (VKN - Barackenanlage gegenüber der Siedlung der Wissenschaftler, zu "DDR-Zeit" Dienststelle des JG-9). Mit dem massiven Einsatz von Zwangsarbeitern, KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen bei der weiteren Gestaltung der Infrastruktur, der Komplettierung/Errichtung der Versuchsanstalten und bei der späteren Massenproduktion der Rakete ist man so weit gekommen in der technischen Umsetzung. Das Historisch Technische Museum (HTM) in Peenmünde widmet sich in den Ausstellungen ausführlich dieser Thematik.


Peenemünde-Ost:
Der Ausgangspunkt konkreter deutscher Raketenforschung liegt im Jahr 1927.
„Am Abend des 5. Juli 1927 trafen sich im „Goldenen Zepter“ zu Breslau etwa 20 technisch begeisterte Männer. Sie betreiben Raketenforschung und träumen davon, mit Flugkörpern den Weltraum und fremde Planeten zu erreichen. Noch ist ihr Experimentierfeld vor allem das Reißbrett und das Kleinlabor in der eigenen Werkstatt. Großversuche mit Antrieben für Flüssigkeitsraketen sind unbezahlbar, und bislang ist für sie kein Auftraggeber in Sicht." (Quelle: „RAKETENSPUREN“, Volker Bode, Gerhard Kaiser, 8. aktualisierte Auflage März 2013 S.10).
Nur die Rüstungspläne des Nationalsozialismus schufen die finanzielle Grundlage, um in Peenemünde zwischen 1936 und 1945 eines der größten Technologiezentren der Welt, mit hochmodernen Versuchsanstalten zu schaffen.
Vor allem wurde die vormals einsame Nordspitze der Insel Usedom, von dem Fischerdorf Peenemünde am Peenemünder Haken bis nach Trassenheide hin in sehr kurzer Zeit umgestaltet.
Die Rakete A-4 („V2“) war mit ihrem ersten erfolgreichen Flug am Nachmittag des 3. Oktober 1942 das erste von Menschen gebaute Objekt, das in den Grenzbereich zum Weltraum eindrang und somit gilt Peenemünde als „Wiege der Raumfahrt“. Leider ist es so, daß dieser Umstand im Ausland noch eher anerkannt wird als dies hier in Deutschland der Fall ist. Dem Mythos der Rakete gegenüber stehen die realen Erfahrungen der Opfer. Das „Sowohl/als auch“ sollte man aber auch so verstehen, daß alles in der Vergangenheit tatsächlich Errungene nicht immer erst einmal Negativ dargestellt  wird. Schon gar nicht so, daß man sich erst einmal für etwas entschuldigt, für das man sich gar nicht entschuldigen muß.
Die „Raketenbauer“ waren nach Beendigung des Krieges begehrte Spezialisten und wurden mit Resten der Technik, mit Unterlagen von Siegermächten, vor allem durch die USA und die Sowjetunion in die jeweiligen Länder gebracht. So entstand in den USA, in Huntsville (Alabama) ein Zentrum der Raketenentwicklung mit vielen deutschen, vor allem der 1.Garnitur von Wissenschaftlern. Es wurden die A-4 Raketen weiterentwickelt und bildeten den Grundstock für alle militärischen Raketen und die zivil genutzten Trägermittel bis hin zu den Saturn-V-Raketen (Mondmissionen) der NASA.
Ebenso wurde von der Sowjetunion zunächst eine große Anzahl von deutschen Wissenschaftlern, vor allem Techniker aus der 2.Reihe in die Sowjetunion gebracht, um dort ebenfalls die Basis für spätere Entwicklungen zu bilden. Die sowjetische R-1-Rakete war ein direkter Nachbau der A4 und bildete somit eine der Grundlagen der sowjetischen Raumfahrttechnologie und Raketenwaffen.
Nach Frankreich und England gingen nur vereinzelt Raketentechniker.

Peenemünde West:
Die Bedeutung der Erprobungen in Peenemünde-West auf die Nachkriegstechnik ist nicht so offensichtlich wie die der HVA Peenemünde auf die Weltraumfahrt.
In der Versuchsstelle der Luftwaffe wurde im Unterschied zur Heeresversuchsanstalt in der Regel nicht direkt an der Entwicklung und Herstellung der Waffensysteme gearbeitet. Sie diente vorrangig dem  Test der Industrieentwürfe vor der Auftragserteilung sowie der Sicherstellung der Qualität während der Produktion, der Vorbereitung und Begleitung der Truppeneinführung. Die bekannteste der getesteten Waffen ist sicherlich die „V1“ (Gleitbombe Fieseler Fi 103) mit ihren Startrampen, den Walter-Schleudern. Viele Dinge wurden erprobt, in technischen Details verbessert und weiterentwickelt. Viele technische Entwicklungen der Nachkriegszeit hatten ihren Ausgangspunkt wie bereits bemerkt in Peenemünde-West.

In der folgenden Tabelle sollen einige Beispiele von Test und Entwicklungen von Peenmünde-West und Entwicklungen daraus für die Nachkriegszeit gegenübergestellt werden:







damals in der Erprobungsstelle

Nachkriegszeit bis heute

Fiseler Gleitbombe Fi 103 - war der erste militärisch eingesetzte Marschflugkörper.

Marschflugkörper Cruise-Missile – ein unbemannter militärischer Lenkflugkörper mit einem Sprengkopf, der sich selbst ins Ziel steuert und sich von einer ballistischen Rakete durch den permanenten Antrieb unterscheidet.

Startrampe Walter-Schleuder - Starthilfevorrichtung , wenn Flugzeuge nicht durch eigene Kraft die nötige Startgeschwindigkeit erlangen können.

Die Dampfkatapulte in der heute bekannten Form wurden von den Engländern aus von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg erbeuteten Schleudern der Fieseler Fi 103 entwickelt und 1950 auf der HMS Perseus erprobt.Von der Royal Navy übernahm die United States Navy die neue Flugzeugkatapulttechnik und danach rüsteten auch andere Marinen ihre Flugzeugträger mit Dampfkatapulten aus.

Ferngesteuerte Bomben mit Draht-, Funk- und Fernsehlenkungen

Die Henschel Hs 293 war eine funkferngesteuerte deutsche Gleitbombe im Zweiten Weltkrieg, die vor allem für den Einsatz gegen Schiffe vorgesehen war. Die Waffe wurde nach Sicht manuell ins Ziel geführt (heute als MCLOS bezeichnet) und war einer der ersten Vorgänger heutiger Seezielflugkörper.

Fernsteuerung von Flugzeugen

Vorläufer der heutigen Drohnen – unbemannte, ferngesteuerte Flugobjekte / Flugzeuge

Raketengetriebene Flugzeuge
Heinkel He 176 -  war das erste funktionsfähige Flugzeug der Welt, das von einem regelbaren Flüssigkeitsraketentriebwerk angetrieben wurde
Me 163 - „Komet“ (Spitzname „Kraftei“) war ein Objektschutzjäger mit Raketenantrieb

Objektschutzjäger – später Abfangjäger d.h. Ein auf die auf die Verfolgung, Abdrängung und Vernichtung unbekannter oder feindlicher Luftfahrzeuge spezialisiertes Jagdflugzeug.In Friedenszeiten stehen auf Luftwaffenstützpunkten Alarmrotten (zwei Flugzeuge) in ständiger Bereitschaft, um auf plötzlich auftretende potentielle Bedrohungen des Luftraums (heute weniger durch feindliche Militärflugzeuge als durch Terroristen und Flugzeugentführer) schnell reagieren zu können.

Feststoff- und flüssigkeitsbetriebene Starthilferaketen für überladene Flugzeuge

Es ist ein System, um schwer beladenen Flugzeugen den Start auf kurzen Startbahnen zu erleichtern, indem durch kleine Raketen zusätzlicher Schub erzeugt wird
z.B. Starthilfsraketen SPRD für MiG-21 zum verkürzen der Startstrecke auf Beton oder Rasen

Raketengestützte Luftabwehrsysteme
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Boden-Luft-Raketen - eine Flugabwehrrakete (kurz FlaRak) - eine Raketenwaffe zur Bekämpfung von Luftzielen von der Erdoberfläche aus (Wasserfall-Rakete, Messerschmidt-Enzian-Rakete, Flieger- und verbesserte Panzerfaust
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Luft-Luft-Raketen - ein Flugkörper, der als Waffe im Luftkampf eingesetzt wird. Sie wird in der Luft abgefeuert wird, um Ziele in der Luft zu treffen. Bei den frühen Luft-Luft-Raketen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges handelte es sich um ungelenkte Raketen, die in Salven abgefeuert wurden. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden die ungelenkten Raketen durch gelenkte Luft-Luft-Raketen mit neu entwickelten Infrarot- oder Radarsuchköpfen ergänzt und schließlich abgelöst.

*Eine Flugabwehrrakete (kurz FlaRak), auch Boden-Luft-Rakete oder SAM (englisch surface-to-air missile), ist eine Raketenwaffe zur Bekämpfung von Luftzielen von der Erdoberfläche (Wasser, Boden) aus -  sowjetische S-75, amerikanische Nike Hercules, Hawk und Patriot; Strehla-Raketen (Schulterrakete)
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In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden die ungelenkten Raketen durch gelenkte Luft-Luft-Raketen mit neu entwickelten Infrarot- oder Radarsuchköpfen ergänzt und schließlich abgelöst: amerikanische Falcon, Sparrow, AIM-9 Sidewinder, AIM-120 AMRAAM oder russische R-60, Novator KS-172 AAM-L, R-77

Gespanne von Flugzeugen (Mistelschlepp) - ein Schleppverfahren für Lastensegler, bei dem ein kleineres Motorflugzeug huckepack über eine zumeist lösbare Verbindung auf einen größeren Lastensegler aufgesetzt wurde. Im Laufe der Entwicklung des Mistelschlepps wurde der Lastensegler als Unterteil dieser Kombination durch umgerüstete Bomber mit eigenem Antrieb ersetzt.

spätere Idee der NASA, das Space Shuttle auf dem Rücken einer Boeing 747 oder in der Sowjetunion den Buran auf dem Rücken einer Mjassischtschew-WM-T (später einer Antonow AN-225) zu transportieren.

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